„Oh, Gott. Wenn dir da keiner hilft, kannst du sterben.“ Da ist kein Satz, den ein Reisender gerne auf seiner Urlaubsreise hören möchte. Peter Giesel, der Mann, der für die Kabel 1-Sendung "Achtung Abzocke" als Allzweckwaffe im Einsatz ist, war für 40 Euro pro Person mit einem Katamaran zu den drei nördlichen Inseln von Mauritius geschippert.
Die Schnorchel-Tour hat neun Stunden gedauert, in denen er meist an Land gewartet und kaum im Wasser war. „Die Tour ist wahnsinnig nervig“, sagt Geisel erschöpft und hat ein glutrotes Gesicht unter dem Strohhut. „Das ist angry time.“ Zum Schluss des Trips kentert das übervolle Shuttle-Boot, und die Reisenden landen mitsamt Handys und Laptops im Wasser. „Das kommt, weil alles hier immer schnell gehen muss.“ Masse statt Klasse.
Das Konzept der Urlaubsbetrüger-Sendung ist einfach. Peter Giesel gibt den unbedarften Urlauber und lässt sich von Neppern in die Falle locken. Dann konfrontiert er die dreisten Abzocker mit ihren restlos überhöhten Preisen, hält die Kamera drauf und zeigt wenig später eine günstigere oder bessere Alternative.
Im Grundsatz gilt: Wer nur immer nur sparen will, der zahlt am Ende drauf. Es geht also um ein gesundes Verhältnis zwischen Angebot und Preis. Wer das aber einschätzen will, braucht natürlich ein paar Basisinformationen.
Im Fall Mauritius lässt sich eine ähnliche Tour nämlich ganz einfach mit einem Speedboot buchen. Die kostet zwar 70 Euro, aber bringt den Kunden dafür nach 25 Minuten an die gewünschte Stelle auf der Insel. Ähnliche Abzockerei lauern auf dem Markt im Port Louis. Giesel meint: Hier kann man schöne Urlaubsfotos machen, aber nicht einkaufen. Beispiel: Zehn Vanille-Schoten gibt es auf dem Touri-Markt für 40 Euro. Doch wer sich auskennt, zahlt anderswo nur 1,50 Euro pro Schote.
Während Peter Giesel nach der Konfrontation über den Schoten-Wucher auf dem Markt sogar die 40 Euro vom eingeschüchterten Vanille-Händler zurückbekommt, geht der Reporter beim Foodtruck am Meer leer aus. Für einen Teller mit ein paar schlichten Beilagen und einer Gamba zahlt er dort stolze 32 Euro.
Im Laden nebenan beträgt die Rechnung für acht kleinere Gamba nicht mal ein Drittel des Abzock-Preises. Als Geisel die Damen am überteuerten Truck zur Rede stellt, erklärt diese, sie habe die Preise nicht gemacht und fügt an: „Beim nächsten Mal mache ich dir einen besseren Preis.“
Ebenso dreist ist die Preispolitik bei einem der beliebtesten Mauritius-Souvenirs - einem Modellschiff. In einem Laden im Hochland kauft Giesel einen kleinen Mehrmaster für 160 Euro, der angeblich drei Monate lang von zehn Leuten in Handarbeit gebaut worden sei, wie die Verkäuferin erklärt. Tatsächlich stammen die Einzelteile aus China und wird die Massenware nur noch vor Ort rasch zusammengesetzt.
Peter Giesels Abzock-Show ist ein Appell an alle Urlauber, nicht willfährig alles zu glauben und sich zu informieren, bevor man etwas kauft oder bucht. Das Problem ist: Wer will das schon. Im Urlaub will man sich entspannen und nicht mit allzu kritischer Brille missmutig in Flipflops umher stampfen. Wer möchte sich schon in der schönsten Zeit des Jahres die Leichtigkeit mit kritischer Rechnerei vermiesen?
Aber vielleicht nützen Giesels Tipps tatsächlich, um wenigstens das Schlimmste zu verhindern. Zum Schlimmsten gehört dabei etwa der Maasai-Markt in Nairobi. Denn Giesel jettet nach Mauritius gleich weiter nach Kenia. Der Markt wurde einst geschaffen, um den Maasai eine Verkaufsplattform für deren Kunsthandwerk zu bieten. Heute tummeln sich dort Touristen und eine Schar von Zwischenhändlern, die einen hautnah über den Markt begleiten.
„Das ist das schlimmste Shoppingerlebnis, das ich jemals hatte“, erklärt Geisel irritiert. „Und das Geld ist auch weg.“ Denn sein Zwischenhändler lässt sich einfach nicht abwimmeln, flankiert ihn von Verkaufsstelle zu Verkaufsstelle und sammelt alles ein, was Giesel auch nur halbwegs interessant findet.
Am Ende wird für alle Waren ein Gesamtpreis ausgemacht. Für nicht viel mehr als ein paar Bilder, Kleider, Salatbesteck und eine Schachtel soll Giesel 600 Euro bezahlen. Nach kurzer Verhandlungspause bleiben 272 Euro übrig. Im benachbarten Einkaufszentrum gibt es Giesels Sortiment für 148 Euro. Ein Viertel des ursprünglichen Preises. Giesels Urlaubsdebakel ist unterhaltsam. Die Lehre ist: Wo viele Touristen zusammenkommen, droht Abzockgefahr. Touristen-Hotspots sind für Nepp und Gaunereien die besten Reviere, um gutgläubige Urlauber einzufangen. Da wird der Urlaub in Deutschland zur lohnenswerten Alternative.
2025-07-04T10:53:24Z